Oftmals werde ich angesprochen, was oder wie wirkt denn  „Ihre“ Gestaltherapie? Und jedes Mal ertappe ich mich dabei, dass ich eigentlich keine Antwort darauf parat habe. Ich kann schwer Worte finden, die meinem Gegenüber eine Ahnung  von dem Prozess vermitteln und sage dann: „Gestalt muss man erfahren“. Mit einigen dieser Erfahrungen möchte ich versuchen, die Wirkung vom gestalttherapeutischen Kontakt zu veranschaulichen und hoffe, dass es mir mindestens im Ansatz gelingen möge.

Der Erstkontakt

Nehmen wir an, dass Sie den Weg in meine Praxis gefunden haben, mir gegenüber sitzen und mir von Ihrem Anliegen erzählen.

Die Klienten/Innen kommen aus ganz unterschiedlichen Gründen in meine Praxis: Probleme im Beruf, bis hin zum Burn-Out, depressive Erkrankungen, Angste, traumatische Erfahrungen, Jugendliche, die Verhaltensauffälligkeiten entwickelt oder Probleme mit dem Erwachsenwerden haben, Paare, deren Beziehung in alten Mustern festgefahren erscheint, usw,usw.

Ich achte, während Sie erzählen, nicht nur auf Ihre Worte, sondern auch auf ihre Mimik, die Veränderungen der Stimme, die Atmosphäre zwischen uns. Ich befrage Sie nach Ihrem Befinden, gerade jetzt. (Vielleicht merken Sie auch beim Lesen dieser Zeilen, dass sich die Befindlichkeit verändert, wenn ihr Aufmerksamkeit und Raum gewährt wird. Vielleicht spüren Sie, wie Sie, wenn Sie weiter bei Ihrer Befindlichkeit bleiben, ruhiger werden, die Farben der Umgebung kräftiger, wie Sie wahrnehmen, was Sie vorher übergangen haben. )

Während Sie Ihrem Problem Ausdruck verleihen, vertiefe ich eine mir bedeutsam erscheinende Stelle, damit Sie meine Herangehensweise spüren und wahrnehmen können. Damit ist auch meist schon die erste Stunde beendet. Falls Sie jetzt schon wissen, dass eine gemeinsame Arbeit für Sie hilfreich sein könnte, besprechen wir die Frequenz der Gespräche und die mögliche Terminierung. Im anderen falle entscheiden Sie sich im verlauf der nächsten tage.

Die gemeinsame Arbeit

Nehmen wir jetzt an, Sie haben sich für eine Zusammenarbeit mit mir entschieden. Wir klären jetzt, was Sie hier erreichen möchten und woran wir beide merken, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ich merke, wie ich jetzt anfange zu straucheln, beim Versuch, die weitere Gestaltarbeit zu beschreiben. Während ich überlege, welche Bücher mir helfen könnten, wird mir deutlich, dass jetzt eigentlich das Gegenüber relevant wäre. Gestalt ist ein dialogischer Ansatz, die weitere Arbeit ist sehr an dem orientiert, was in unserer gemeinsamen Arbeit im Vordergrund steht. Im Dialog entwickeln wir eine innere Landkarte und schauen uns nicht nur an, was darauf zu sehen ist, sondern auch, was fehlt, um ein befriedigendes Leben zu führen und wie Sie es erreichen können, das zu bekommen, was Sie dazu brauchen. Wir haben es in unserer Sozialisation oftmals nicht gelernt, unserer Wahrnehmung zu trauen und uns dem Prozess des Lebens anzuvertrauen. Durch die Beleuchtung der körperlichen und seelischen Erfahrungen im Hier und Jetzt, wie mit einer Lupe und in Zeitlupe, verändern sich diese und können integriert werden. Bedürfnisse können jetzt deutlicher wahrgenommen und damit auch erfüllt werden. Alte Erfahrungen von Frustration tauchen auf und können neu beantwortet werden.

Ich merke beim Schreiben, wie es mir jetzt schwerfällt beim Thema zu bleiben, wie ich abschweife. Ich schaue aus dem Fenster, ein wunderschöner Herbsttag, die Bäume leuchten, die Sonne strahlt. Trotzdem merke ich, wie ich unzufrieden mit mir werde. Werde mir der alten Verletzungen bewusst, die es in meiner Kindheit und Schulzeit hinsichtlich meiner Ausdrucksfähigkeit gegeben hat. Immer wurde kritisiert, verbessert und negativ bewertet. Indem ich diese Erfahrungen bewusst wahrnehme, werden sie kleiner, weniger wichtig und ich kann mich wieder auf mein Thema konzentrieren.

Wie wirkt Gestalt: Gestalt gibt uns Mittel an die Hand, die negativen Selbstgespräche zu stoppen und zum Hier und Jetzt zu kommen, sodass wir wacher und lebendiger werden.

Wir lernen, dass die eigenen inneren Prozesse es wert sind, Beachtung zu erhalten und gehört zu werden. Dadurch können sich vermeintliche Schwächen zu Ressourcen und Möglichkeiten entwickeln.